Dyskalkulie
Wenn ein Kind Dyskalkulie hat, dann ist das auch für die Eltern eine belastende Situation. Sie merken, dass sich Ihr Kind in der Schule viel schwerer tut als die anderen Kinder. Sie erleben, dass Ihr Kind ständig mit neuen Herausforderungen und Misserfolgen kämpfen muss. Sie wollen helfen, wissen aber nicht, was Sie tun können. Und Sie fragen sich vielleicht „Warum ausgerechnet mein Kind?“. Ich helfe Ihnen! Mit guter Förderung und starkem Rückhalt stehen Ihrem Kind alle Wege offen.
Der Erwerb des Rechnens folgt einer Entwicklung von mathematischen Konzepten. Kinder mit Rechenstörung verfügen bei Schuleintritt über unzureichende Basiskompetenzen bei Zählfertigkeiten, Zahlenkenntnissen, Fähigkeiten zur Seriation oder dem Verständnis von Mächtigkeit von Mengen und ihrer Teilbarkeit. Die Kinder können ein Zahl- und Operationsverständnis nicht rechtzeitig oder ausreichend aufbauen. Dieses ist jedoch für die Ausbildung effektiver Rechenstrategien notwendig. Fakten wie das kleine Einmaleins können sie nur auswendig lernen, aber nicht verstehen. Das Dezimalsystem wird nicht erfasst, weil die Zusammenhänge zwischen den Zahlen nur unvollständig oder gar nicht verstanden werden. Rechenoperationen können nicht umfassend verstanden, Schätz- und Kontrollverfahren nicht genutzt werden.
Die Definition der WHO besagt im ICD-10, dass die Dyskalkulie (Rechenschwäche) eine Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten ist, die nicht durch eine allgemeine Intelligenzminderung (Diskrepanzkriterium) oder unangemessene Beschulung erklärbar ist. Dabei handelt es sich um die Nichtbeherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division.
Entscheidende Grundlage für erfolgreiches Rechnen ist das Verständnis über den Zusammenhang zwischen Zahlen und Mengen und das Begreifen von Beziehungen zwischen Zahlen. Ohne dieses Verständnis bleibt das Rechnen rein mechanisch. Neben Schwierigkeiten innerhalb des Rechnens der Grundrechenarten tritt dann ein häufiges Problem beim Lösen von Textaufgaben, Sachaufgaben und Platzhalteraufgaben auf. Das Übertragen von gesprochenen Zahlen in Ziffernform kann für Kinder mit Dyskalkulie sehr schwierig sein. Das Stellenwertsystem muss daher gut verinnerlicht werden und mit viel Anschauungsmaterial eingeübt werden. Prozeduren der räumlichen Gestaltung und des schrittweisen Vorgehens bei den schriftlichen Rechenverfahren werden schnell wieder vergessen und bedürfen bei rechenschwachen Kindern häufiger Übungswiederholungen.
Grundsätzlich gibt es bei Rechenstörungen keine pezifischen Fehler. Betroffene Kinder können nicht ausreichendes Faktenwissen aufbauen, daher verharren sie oft in Zählprozessen, wobei Zählfehler um eins typisch sind, da das Arbeitsgedächtnis bei langen Zählstrecken sehr belastet wird. Es entsteht ein Teufelskreis, da Aufgabe und Ergebnis zeitlich weit voneinander entfernt sind. Es gibt eine Vielzahl von Symptomen der Dyskalkulie. So gestaltet sich das Rückwärtszählen für die Betroffenen oftmals schwierig. Punktemengen abzuzählen fällt ihnen ebenfalls häufig sehr schwer. Schon einfache arithmetische Aufgaben führen zur Überforderung und können nur schwer oder gar nicht bearbeitet werden. Rechenprozesse sind zumeist fehlerhaft und dauern oft sehr lange.
Das Vorhandensein verschiedener Zahlaspekte macht den Umgang mit Zahlen für rechenschwache Menschen besonders schwierig. Zahlen haben verschiedene „Gesichter“. Sie sind Glieder, die an einer bestimmten Zahlwortreihe (3. Frosch von links) stehen. Und manchmal dienen sie als Symbole für die Größe von Mengen (3 Frösche). Sie haben Beziehungen zu anderen Zahlen. Sie werden in den Größenbereichen verwendet (3 Uhr) (3 m/km/cm/g/kg/ ….) (Datum: 3.3.3333) oder sie stellen Telefonnummern dar: 333.
Die Entwicklung mathematischer Kompetenzen verläuft nach einem „inneren“ Bauplan. Die Fähigkeit des Abschätzens von Mengen erfolgt durch die „analoge Größenrepräsentation“, die schon bei Säuglingen vorhanden ist. Im Kindergartenalter fangen wir Menschen an zu zählen und entdecken damit die „auditiv – sprachliche Repräsentation“. In der Schule werden größere mehrstellige Zahlen betrachtet und so erfolgt die „visuell – arabische Repräsentation“.
Triple-Code-Modell Modell der Zahlenverarbeitung von Dehaene
Quelle: Dr. Dipl.-Psych. P. Küspert; Wie Kinder besser rechnen lernen; Osterbrink Verlag 2010
Wie kann man Dyskalkulie erkennen?
Menschen mit Rechenstörung zeigen stark abweichende Leistungsprofile und verschiedene Kombinationen unterschiedlicher Symptome. Die Anzeichen für eine Dyskalkulie können daher vielfältig sein.
Anzeichen im Vorschulalter
- keine Entwicklung eines grundlegenden Verständnisses für Mengen und Maße (Zeit, Geld, Länge,…)
- Schwierigkeiten bei der Zuordnung von Mengen und Verhältnisangaben (mehr, weniger, kleiner, größer)
- Probleme beim Abzählen von Gegenständen und der Zuordnung von Mengen zu Zahlen
Anzeichen in der Grundschule und darüber hinaus
- Schwierigkeiten beim Ablesen der Uhr
- Probleme und Wissenslücken beim Benennen und Schreiben von Zahlen
- wenig oder kein Verständnis für die mathematische Logik; beispielsweise bleiben Rechenschritte unverständlich, werden auswendig gelernt und können dann bei abweichender Aufgabenstellung nicht angewendet werden
- Aufgaben werden nur sehr langsam gelöst, in höheren Klassenstufen oft durch Abzählen (z.B. mit den Fingern)
- Zahlen können als grundsätzliche Mengenangabe nicht eingeordnet und angewendet werden; jede Zahl wird immer wieder neu durchgezählt
- Schwierigkeiten mit dem Dezimalsystem (dreiundzwanzig – 32) und den Stellenwerten (einhundertacht – 1008)
- Rechenarten werden verwechselt
- Schwierigkeiten, Fragestellungen von Textaufgaben in Rechenoperationen „zu übersetzen“